Der Gettysburg-Feldzug, Teil 2: Angekommen in Pennsylvania
Während sich General Robert E. Lee mit fast seiner gesamten Armee bereits in Pennsylvania befand, hatte US-Präsident Lincoln wieder einmal seine liebe Mühe, den kommandierenden General seiner wichtigsten Armee dazu zu bewegen, seine Anweisungen zu befolgen. Hooker hatte die Potomac-Armee eher widerwillig nordwärts bewegt und erging sich in schriftlichen Diskussionen mit Lincoln und Kriegsminister Stanton über taktische Kleinigkeiten und Kompetenzfragen. Als Hooker dabei - sichtlich genervt - seinen Rücktritt anbot, nahm Lincoln dies sofort an und setzte ihn ab.
Wenige Stunden später - mitten in der Nacht - traf ein Reiter bei Corps-Kommandeur MajGen George G. Meade ein und übergab ihm den Befehl des Präsidenten, ab sofort die Armee zu kommandieren und schnellstens etwas gegen Lee's Invasion zu unternehmen.
Präsident Abraham Lincoln, USA / MajGen George G. Meade, USA
(Von diesem Moment des 29. Juni an liegt mir auch der Original-Bericht von Meade vor, den ich - in gleiche Abschnitte geteilt wie der von Lee - zu Vergleichszwecken übersetzt zitiere.)
General Lee hatte seit Tagen nichts mehr von den Spähern seiner Kavallerie gehört, die von der plötzlichen Vorwärtsbewegung der Unionsarmee überrascht und dadurch von Lee's Armee abgetrennt worden sind. Deshalb wusste Lee nicht, dass die Unions-Armee die Verfolgung aufgenommen hatte, und schickte seine Corps zu verschiedenen Zielen in Pennsylvania aus, sogar bis auf die Staatshauptstadt Harrisburg hinauf, dem nördlichsten Punkt den konföderierte Soldaten je erreicht hatten. Einige Divisionen waren dabei auch durch die Kleinstadt Gettysburg hindurch marschiert, der niemand damals eine größere Bedeutung gab.
Meade's Armee bestand aus 7 Corps, die im Vergleich aber jeweils kleiner waren die die drei von Lee. Sie folgten Lee's Armee etwas östlich, sodass insbesondere das 1. und 11. Corps auf die Straßenkreuzung von Gettysburg zustrebte. Wie immer ritt auch hier Kavallerie etwas voraus, um die Passierbarkeit von Straßen und Wegen zu erkunden und auf feindliche Einheiten zu achten.
Am 30. Juni war es BrigGen John Buford, der mit seinen Kavalleristen in Gettysburg einritt und von der Anwesenheit der Konföderierten in der Gegend erfuhr. Er ging westlich von der Stadt in Stellung, da er von dort am nächsten Tag einen Angriff erwartete, und meldete an das 1. Corps (MajGen John Reynolds) und dem nachfolgenden 11. Corps (MajGen Oliver Howard), dass sie sich beeilen sollten. Buford wusste nicht genau, mit wie vielen Gegnern er es zu tun bekommen würde, aber er ahnte, dass Lee seine gesamte Armee gewendet hatte und bei Gettysburg zusammenziehen wollte.
MajGen John F. Reynolds, USA, I. Corps / MajGen Winfield S. Hancock, USA, II. Corps / MajGen Daniel Sickles, USA, III. Corps / MajGen George Sykes, USA, V. Corps (nachgerückt für MajGen George G. Meade)
MajGen John Sedgwick, USA, VI. Corps / MajGen Oliver O. Howard, USA, XI. Corps / MajGen Henry W. Slocum, USA, XII. Corps
Die Konföderierten, noch immer ohne Meldungen ihrer Kavallerie, mussten sich auf die Hinweise von Zivilisten verlassen, dass die Unions-Armee schon stark aufgerückt war, und beschlossen, ihre Armeeteile auf den vorhandenen Straßen zusammenzuführen, die sich in Gettysburg trafen. Von dort aus wollte man ein geeignetes Gelände suchen, um die geplante vernichtende Schlacht zu führen.
Am 30. Juni marschierte eine Voraus-Division unter BrigGen Henry Heth auf Gettysburg zu, weil dort angeblich eine Ladung neuer Schuhe für Unions-Soldaten eingelagert war. Als sie vor der Stadt auf die Gegenwehr von Buford's abgesessenen Kavalleristen stießen, machten sie zunächst kehrt, da Lee befohlen hatte, mit einem allgemeinen Angriff zu warten, bis die gesamte Armee beisammen war.
BrigGen Henry Heth, CSA, Divisions-Kommandeur 3. Corps
Aus den Original-Berichten von General Lee und MajGen Meade über letzten Tage vor der Schlacht wird deutlich, dass keine Seite die große Auseinandersetzung genau dort geplant hatte, dass die beiden Armeen also eher zufällig bei Gettysburg zusammentrafen. Für einen Lageplan siehe die Wikipedia-Karte aus Teil 1 dieser Artikelreihe.
Hier General Lee's Bericht über seine Bewegungen in Pennsylvania vor der Schlacht:
Am 22. Juni marschierte General Ewell in Pennsylvania ein, zunächst mit Johnson's Division, der Jenkins' Kavallerie vorausritt, und nahm die Straße von Hagerstown über Chambersburg nach Carlisle, wo er am 27. Juni ankam. Early's Division, die Boonsborough besetzt hatte, bewegte sich auf einer Parallelstraße nach Greenwood und in Befolgung neuer Befehle an General Ewell weiter nach York. Am 24. wurden Longstreet und Hill hinter Ewell in Marsch gesetzt und lagerten am 27. nahe Chambersburg.
General Imboden hatte unter den bisherigen Befehlen an Ewell's linker Seite operiert, während dieser nach Maryland einmarschiert war. Er vertrieb die Wachtruppen der Baltimore & Ohio-Eisenbahn, zerstörte alle wichtigen Brücken auf der Linie von Martinsburg nach Cumberland und erzeugte bedeutenden Schaden auf dem Chesapeake & Ohio-Kanal. Er war in Hancock, als Longstreet und Hill Chambersburg erreichten und erhielt den Befehl, ebenfalls dorthin zu kommen und auf dem Weg über McConnellsburg Versorgungsdinge für die Armee zu requirieren.
Die bei der Armee verbliebene Kavallerie bestand nur aus Jenkins' Brigade und White's Batallion und war nicht größer als erforderlich, um den Vormarsch von General Ewell und General Early zu sichern, was sie den Berichten zufolge erfolgreich tat. Es wurde erwartet, dass General Stuart eine Nachricht senden würde, sobald der Feind den Potomac überquerte, und da seit unserem Einmarsch nach Maryland nichts von ihm zu hören war, wurde angenommen, dass der Feind Virginia noch nicht verlassen hatte.
Deshalb ergingen Befehle, nach Harrisburg vorzudringen. Die Expedition von General Early nach York war teilweise als Vorbereitung hierfür geplant, um die Eisenbahnverbindung zwischen Baltimore und Harrisburg zu unterbrechen und die Brücke über den Susquehanna bei Wrightsville zu besetzen. General Early hatte mit dem ersten Teil seiner Mission Erfolg und zerstörte eine Reihe Brücken ober- und unterhalb von York, aber beim Anmarsch seiner Abteilung nach Wrightsville floh eine Miliz-Einheit über den Fluss und brannte die Brücke hinter sich nieder. General Early marschierte dann zu seinem Corps zurück.
Der Anmarsch auf Harrisburg wurde in der Nacht des 28. Juni abgebrochen, nachdem ein Späher meldete, dass die Armee von General Hooker den Potomac überquert hatte. Da man seine Absichten nicht erkennen konnte und verhindert werden musste, dass er sich weiter nach Westen bewegte und damit unsere Verbindungslinie nach Virginia unterbrach, erging der Befehl, die Armee östlich der Berge zusammenzuziehen.
Die Schlacht von Gettysburg
Hill's Corps wurde demzufolge am 29. Juni befohlen, nach Cashtown zu marschieren, Longstreet sollte am nächsten Tag folgen und Pickett's Division bei Chambersburg zurücklassen, um die Nachhut zu sichern, bis er von Imboden darin abgelöst wurde. General Ewell wurde von Carlisle abgezogen und hatte Befehl, zur Armee je nach Umständen bei Cashtown oder Gettysburg zu stoßeen.
Wir wussten nicht genau, wie sich der Feind vorwärts bewegte, und da das Wetter drückend heiß war, wurde das Marschtempo mit Rücksicht auf die Männer mäßig gehalten. Heth's Division erreichte Cashtown am 29. Am nächsten Morgen fand Pettigrew's Brigade, von Heth zur Requierung von Material nach Gettysburg ausgeschickt, die Stadt vom Feind besetzt vor. General Pettigrew riskierte mit seiner einzelnen Brigade keine Konfrontation mit dem Feind, dessen Größe unbekannt war, und kehrte nach Cashtown zurück.
Hier zum Vergleich der Bericht von MajGen George G. Meade von dem Moment der Übernahme des Kommandos bis zum Vorabend der großen Schlacht:
HAUPTQUARTIER, POTOMAC-ARMEE
1. Oktober 1863.
GENERAL: Ich habe die Ehre, hiermit den Bericht über die Aktivitäten der Armee im vergangenen Juni vorzulegen, einschließlich den Details zur Schlacht von Gettysburg. Die Einreichung verzögerte sich durch den verspäteten Eingang der Meldungen durch Corps- und Divisions-Kommandeure, die in der Schlacht schwer verwundet wurden.
Am 28. Juni erhielt ich den Befehl des Präsidenten der Vereinigten Staaten, der mir das Kommando über die Potomac-Armee übertrug. Die Lage war zu jener Zeit zusammengefasst wie folgt: Die Konföderierte Armee unter General R. E. Lee, bestehend aus geschätzten 100.000 Mann aller Waffengattungen, hatte den Potomac-Fluss überquert und bewegte sich durch das Cumberland-Tal. Verlässliche Aufklärungen meldeten seine Vorhut (Ewell's Corps) am Susquehanna, bei Harrisburg und Columbia, Longstreet's Corps bei Chambersburg, und Hill's Corps zwischen dieser Stelle und Cashtown.
Meine eigene Armee, deren letzte Meldungen eine Stärke von knapp über 100.000 ergab, befand sich in und um Frederick, Maryland und erstreckte sich von Harper's Ferry bis zur Mündung des Monocacy und von Middletown nach Frederick.
Der 28. Juni wurde verwendet, um die Positionen und Stärken der verschiedenen Corps zu bestätigen, aber hauptsächlich um die Kavallerie nach vorn zu bringen, die bei der Überquerung des Potomac das hintere Ende der Armee gesichert hatte. Sie war kürzlich durch Aufnahme von Kräften aus der Verteidigung von Washington deutlich verstärkt worden.
An diesem Tag ergingen Befehle an Generalmajor French, Kommandeur in Harper's Ferry, mit 7.000 Mann seines Kommandos nach Frederick auszurücken und die Linie der Baltimore & Ohio-Eisenbahn zu sichern, sowie mit den verbliebenen etwa 4.000 Mann öffentliches Eigentum nach Washington abzutransportieren.
Am 29. Juni wurde die Armee in Bewegung gesetzt und lag am Abend dieses Tages zwischen Emmitsburg und New Windsor. Buford's Kavallerie-Division hielt sich an der linken Flanke, seine Vorhut erreichte Gettysburrg. Kilpatrick's Division lag an unserer Spitze bei Hanover, wo er an diesem Tag auf General Stuart's Kavallerie stieß, die den Potomac am Seneca Creek gequert und an unserer rechten Flanke vorbei auf dem Weg nach Carlisle war, dabei Gregg's Division entkommen war und durch von Infanterie besetzten Straßen erst spät in Position gehen konnte.
Am 30. Juni wurde die rechte Flanke der Armee nach Manchester verlegt, während die linke noch bei Emmitsburg verblieb, wo drei Corps (das 1., 11. und 3.) unter dem Befehl von Generalmajor Reynolds versammelt wurden. Als General Buford das Erscheinen des Gegners in bedeutender Stärke auf der Cashtown-Straße nach Gettysburg gemeldet hatte, wurde General Reynolds befohlen, Gettysburg zu besetzen.