Der Gettysburg-Feldzug, Teil 5: Der dritte Tag der Schlacht
In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli waren auch die letzten Einheiten beider Armeen eingetroffen. Der Vortag endete unentschieden, und jeder wusste, dass es am heutigen 3. Juli irgendwie weitergehen würde. Unions-Kommandeur MajGen George G. Meade hielt noch immer die strategisch bessere Position auf der Hügelkette und wartete ab. Er verteilte seine Kräfte zur Auffrischung der beiden äußeren Flanken, die schwere Verluste erlitten hatten. Dazu besaß er ausreichend Reserven, sodass er weniger Kräfte aus der Mitte seiner Linie abzog als Lee glaubte.
Lee's Plan für den heutigen Tag war, an Ewell's weit entfernter Flanke einen Scheinangriff zu führen, um die Union vom eigentlichen Vorhaben abzulenken: einem massiven Frontalangriff auf das Zentrum der Unions-Linie, das er für den aktuellen Schwachpunkt hielt. Und wieder war es Longstreet, der Lee's Plan für undurchführbar hielt, sich aber dennoch fügte.
Die Synchronisierung der Aktionen scheiterte erneut, als Ewell's Flanke überraschend von Unions-Einheiten angegriffen wurde, die das am Tag zuvor verlorene Gebiet zurückeroberten. Diese Aktion am frühen Morgen war denn auch rasch wieder vorüber.
MajGen George E. Pickett, CSA, Division unter LtGen Longstreet / BrigGen J. Johnston Pettigrew, CSA, für den Angriff Pickett's Division beigestellt / BrigGen Isaac Trimble, CSA, dto.
Longstreet stellte 15.000 Mann in einer 1,5 km langen Linie zusammen, die sich im Wald gegenüber der Mitte der Unions-Linie des 2. US-Corps unter MajGen Winfield S. Hancock versteckt hielt. Dazwischen lag mehr als ein Kilometer offenes Gelände, zumeist Wiesen und Felder. Der Plan war, mit massivem Artillerie-Beschuss die Unions-Kanonen auf der anderen Seite außer Betrieb zu setzen und dann mit der gewaltigen Macht der versammelten Männer die Unions-Linie zu durchbrechen. Der ranghöchste Offizier (nach Longstreet), der an dieser Aktion beteiligte, war MajGen George E. Pickett. Nach ihm benannt sollte die Aktion später als "Pickett's Charge" (Pickett's Angriff) Unsterblichkeit erlangen.
Der Artilleriebeschuss zeigte nicht die erhoffte Wirkung, da einerseits die Zielgenauigkeit zu schlecht war und andererseits Unions-Geschütze sofort ein Gegenfeuer begannen. Ein Wissenschaftler hat tatsächlich einmal berechnet, dass der Lärm aus 175 miteinander abgefeuerten Geschützen das wohl lauteste Geräusch gewesen ist, das Menschen jemals selbst erzeugt haben.
Colonel Edward Porter Alexander, Longstreet's Corps-Artillerie / zeitgenössisches 12-Pfund-Geschütz in Aktion (nachgestellt)
Nachdem alle Munition verschossen war, traten die Männer aus dem Wald und marschierten in einer langen Formation geschlossen über die freie Ebene auf die Unions-Linie zu. Man kann ihren Mut und ihre Entschlossenheit nur bewundern, denn sie waren dem offenen Feuer der Unions-Geschütze und der weit-tragenden gezogenen Gewehre ausgesetzt, die nur die Union besaß. Als sie auf die Reichweite ihrer eigenen, älteren Gewehre herangekommen waren, war ein Drittel von ihnen bereits tot oder verwundet.
Marsch der Konföderierten in einer langen Reihe auf die Stellungen der Union zu (nachgestellt für den Kinofilm "Gettysburg")
Der Ausgang ist bekannt. Nur ganz wenige Konföderierte schafften es, die aus einer Steinmauer bestehende Unions-Linie zu erreichen. Dann mussten auch sie sich zurückziehen. Von dem 15.000 Männern, die vom konföderierten Waldrand losgegangen waren, kamen kaum 5.000 zurück. Longstreet war tief erschüttert, Pickett gab Lee die Schuld und war ein gebrochener Mann.
Die Steinmauer, an der sich das 2. US-Corps gegen Pickett's Angriff verteidigte (aktuelles Bild vom Battlefield National Park mit seinen Denkmälern) / Denkmal des "High Water Mark of the Conferacy", dem nördlichen Punkt, den konföderierte Soldaten in diesem Krieg erreichten.
Betrachtet man die Positionen der gegnerischen Truppen, war der 3. Juli wie der Vortag im Ergebnis ein Unentschieden. Aber die gewaltigen Verluste und der extrem hohe Munitionsverbrauch zwangen die Konföderierten, die Schlacht verloren zu geben. Lee ließ seine Soldaten in Verteidigungsstellung gehen, weil er einen Gegenangriff von Meade erwartete, der jedoch nie kam. Meade hatte selbst mit den hohen Opferzahlen alle Hände voll zu tun und wartete seinerseits ab, ob es Lee noch einmal versuchen würde.
Noch eine Geschichte am Rande: Viele Soldaten hatten Freunde und Bekannte, die auf der anderen Seite kämpften. Hier in Gettysburg trafen drei gute Freunde aufeinander, die zuletzt gemeinsam in Kalifornien Dienst getan hatten. Und keiner überstand diese Schlacht unbeschadet. US-MajGen John Reynolds, Kommandeur des I. Corps, starb schon früh am 1. Juli durch die Kugel eines konföderierten Scharfschützen. US-MajGen Winfield S. Hancock wurde bei Pickett's Angriff schwer an der Hüfte verwundet und zog sich durch diese Wunde ein Jahr später als dem aktiven Dienst zurück. Und der konföderierte BrigGen Louis A. Armistead, der wusste, dass er seinen Freund Hancock frontal angriff, gehörte zu den wenigen Männern, die diese Linie erstürmen konnten, bevor er von einer Kugel getroffen wurde und zwei Tage später im Lazarett starb.
Freunde: BrigGen Lewis A. Armistead, CSA, Brigade unter MajGen Pickett / MajGen Winfield S. Hancock, USA, II. Corps
Auch vom 3. Tag der Schlacht gibt es eine Übersichtskarte:
Nach dieser langen Vorrede hier nun der Bericht von General Robert E. Lee zum 3. Juli. Man merkt, dass Lee versuchte, insbesondere den Fehlschlag von Pickett's Angriff nicht zu negativ erscheinen zu lassen. Lee stellte den Bericht erst 6 Monate später fertig, kannte also die Ereignisse sowie die Opferzahlen inzwischen recht gut. Aber dass diese Schlacht wohl die ultimative Wende des Krieges war, konnte er noch nicht wissen - höchstens ahnen.
Der generelle Plan war unverändert. Longstreet, verstärkt um Pickett's Brigaden, die am Nachmittag des 2. Juli am Schlachtfeld eingetroffen waren, hatte Befehl, am nächsten Morgen anzugreifen, und General Ewell sollte gleichzeitig die rechte Seite des Feindes angehen. Letzterer verstärkte General Johnson durch zwei Brigaden von Rodes' und eine von Early's Division aus dem 3. Corps.
General Longstreet's Vorbereitungen waren nicht so rasch beendet wie erwartet, aber bevor General Ewell entsprechend informiert werden konnte, stand General Johnson bereits im Gefecht und konnte nicht mehr zurückgerufen werden. Der Feind versuchte, die Stellungen zurückzugewinnen, die von uns am Abend zuvor genommen worden waren, wurde aber zurückgeschlagen, und General Johnson ging zum Gegenangriff über. Nach einem herzhaften und langen Kampf, in dem der Feind Teile seiner Befestigungen aufgeben musste, gelang es General Johnson nicht, die befestigte Anhöhe des Hügels zu erstürmen. Nachdem der erwartete Angriff auf der rechten Seite ausgeblieben war, konnte der Feind die Stellungen mit Johnson deutlich überlegenen Kräften halten, und als er schließlich dessen Flanken und Rückraum bedrohte, musste sich Johnson gegen 13 Uhr in seine Ausgangspositionen zurückziehen.
General Longstreet war von Einheiten auf den hohen, felsigen Ergebungen an der äußersten Linken des Feindes aufgehalten worden, von wo aus seine Truppen schon im Anmarsch angegriffen werden konnten. Seine Operationen vom Vortage wurden aus demselben Grund massiv gestört, und er hielt es nun für erforderlich, seine Flanken und den Rückraum durch die Divisionen von Hood und McLaws zu verteidigen. Aus diesem Grund erhielt er Heth's Division sowie zwei Brigaden von Pender zur Verstärkung, letztere nun unter dem Kommando von Generalmajor Trimble. General Hill hatte Befehl, sich zur Unterstützung bereitzuhalten und jedem Erfolg nachzusetzen, der erreicht werden könne.
Das von Longstreet gesicherte Gelände wurde sorgfältig untersucht und selbe Batterien so aufgestellt, dass sie nach unserer Vorstellung in der Lage wären, diejenigen des Feindes auf dem Cemetery auszuschalten. Hill's Artillerie und die von Ewell sollte gleichzeitig beginnen, und unter dem Schutz des kombinierten Feuers sollte der Angriff stattfinden, begleitet von vorrückenden Batterien zu ihrem Flankenschutz und zur direkten Unterstützung des Angriffs.
Gegen 13 Uhr öffnete auf ein vereinbartes Signal hin ein heftiges Kanonenfeuer und hielt für etwa zwei Stunden mit merklichem Effekt auf den Feind an. Seine Batterien antworteten zunächst eifrig, aber gegen Ende ließ ihr Feuer spürbach nach, und General Longstreet befahl die Angriffsgruppe aus Pickett's und Heth's Divisionen vorwärts, in zwei Linien, Pickett rechts. Wilcox' Brigade marschierte rechts hinter Pickett als sein Flankenschutz, Heth's Flanke wurde von Lane's und Scale's Brigaden unter General Trimble gesichert.
Unter beständigen Feuer aus Musketen und Geschützen marschierten die Truppen gleichmäßig vor, den Hauptangriff auf das linke Zentrum des Feindes ausgerichtet. Dessen Batterien öffneten wieder sobald unsere Infanterie erschien. Unsere eigene Artillerie, die in der vorangegangenen Kannonade nahezu ihre gesamte Munition verbraucht hatte, konnte nicht entsprechend antworten oder die nötige Unterstützung für die Angriffseinheiten bieten. Aus diesem Grund, der mir zum Zeitpunkt des Angriffs unbekannt war, war der Feind in der Lage, eine starke Gegenwehr gegen unsere linke Seite zu richten, die bereits unter schwerem Beschuss durch die Artillery von der Anhöhe vor ihnen und vom Cemetery Hill auf der linken Seite stand. Schließlich gab der Feind nach, und die rechte Seite griff die Linien des Feindes direkt an, nahm dessen vorderste Befestigungen und erbeutete einige Geschütze, wurde dann aber gleichzeitig von vorne und beiden Flanken angegriffen und unter schweren Verlusten zurückgetrieben. Unsere Truppen wurden gesammelt, aber der Feind setzte nicht nach.
In diesem Einsatz fielen viele gute Offiziere und Männer oder gingen in Gefangenschaft. Von Pickett's drei Brigadeführern fielen die Generäle Armistead und R. B. Garnett, General Kemper wurde gefährlich verwundet. Generalmajor Trimble und Brigadegeneral Pettigrew wurden ebenfalls verwundet, ersterer schwer.
Kavallerie
Die Bewegungen der Armee vor der Schlacht von Gettysburg wurden durch die Abwesenheit der Kavallerie stark beeinträchtigt. Sobald wir wussten, dass der Feind Maryland erreicht hatte, ergingen Befehle an die Brigaden von B. H. Robertson und William E. Jones, die zur Bewachung der Blue Ridge-Übergänge zurückgelassen worden waren, unverzüglich zur Armee aufzuschließen, und es wurde erwartet, dass General Stuart mit dem Rest seines Kommandos bald erscheinen würde. In Ausübung der Entscheidungsfreiheit, die ihm während des Einmarsches von Longstreet und Hill nach Maryland gegeben wurde, entschied General Stuart, mit drei Brigaden die Föderale Armee in ihrem Rücken zu unrunden und den Potomac zwischen dieser und Washington zu überqueren, in dem Glauben, dass er sich auf diesem Wege rechtzeitig an unsere rechte Seite setzen und angemessen von den Bewegungen des Feindes informieren könne.
Er brach in der Nacht des 24. Juni bei Salem auf und wollte Centerville westlich passieren, aber die vorgefundene Position der gegnerischen Kräfte machten diese Route praktisch unpassierbar. An seinem ursprünglichen Plan festhaltend war er zu einem weiten Umweg über Buckland and Brentsville gezwungen und überquerte am Morgen des 27. Juni den Occoquan bei Wolf Run Shoalson. Nach weiterem Ritt durch Fairfax Court House und Dranesville erreichte er am Abend den Potomac unterhalb der Mündung des Seneca Creek. Der Fluss war durch die jüngsten Regenfälle stark abgeschwollen, aber nach großer Anstrengung erlangte er noch vor Mitternacht mit seinem gesamten Kommando das Ufer in Maryland. Der nahm nun an, dass die Förderale Armee, deren Bewegung hin zum Potomac er beobachtet hatte, bereits am Vortage den Fluss überschritten hatte, sich auf Frederick zu bewegte und sich damit zwischen ihn und unsere Kräfte platzierte.
Demzufolge marschierte Stuart nordwärts durch Rockville und Westminster nach Hanover, PA, wo er am 30. Juni eintraf, aber der Feind bewegte sich mit gleicher Geschwindigkeit links von ihm vorwärts und verhinderte weiterhin die Kommunikation mit unserer Haupt-Armee.
Aus gesammelten Informationen nahm er an, dass sich Teile unserer Armee in Carlisle befanden, verließ Hanover noch in der Nacht und wandte sich über Dover dorthin. Er erreichte Carlisle am 1. Juli und erhielt Befehle, nach Gettysburg zu kommen. Dort kam er am Nachmittag des Folgetages an und ging an Ewell's linker Seite in Stellung. Seine führende Brigade unter General Hampton stieß auf einen Trupp feindlicher Kavallerie und schlug sie zurück, als diese versuchte, in unseren Rückraum zu gelangen.
General Stuart hatte auf seinem Marsch mehrere Scharmützel zu bestreiten, und in Hanover fand ein relativ ernsthaftes Gefecht gegen starke Kavallerie statt, die schließlich zum Rückzug aus der Stadt gezwungen werden konnte.
Die von der Kavallerie gemachten und an verschiedenen Stellen auf Ehrenwort entlassenen Gefangenen beziffern sich auf etwa 800, und bei Rockwille wurde ein großer Wagenzug auf dem Weg nach Washington abgefangen und kassiert. Viele Wagen wurden zerstört, aber 125 von ihnen wurden einschließlich aller Pferde mitgenommen.
Die Reihen der Kavallerie wurden durch diesen langen und entbehrungsreichen Ritt deutlich gelichtet, aber am Tag nach ihrer Ankunft schlug sie sich mit ungebrochenem Geist im Gefecht und verteidigte effektiv unsere linke Flanke. In diesem Kampf wurde Brigadegeneral Hampton ernsthaft verwundet, als er in seiner typischen selbstlos-mutigen Weise agierte.
Robertson's und Jones' Brigaden trafen am 3. Juli ein und wurden an unserer rechten Flanke postiert.
Und - wie schon gewohnt - hier die eher kurz gehaltene Gegendarstellung von MajGen George G. Meade über dem 3. Juli 1863:
Am Morgen des 3. Juli griff General Geary, während der Nacht von der linken Front zurückgekehrt, im ersten Tageslicht den Feind an und konnte ihn soweit zurückdrängen, dass er seine alte Position wieder einnehmen konnte. Des ganzen Morgen noch dauerte der beherzte Kampf an, in dem General Geary mit Unterstützung von Wheaton's Brigade aus dem 6. Corps seine Position halten und dem Feind schwere Verluste zufügen konnte.
Mit dieser Ausnahme blieben die Linien bis 13 Uhr des 3. Juli vollständig ruhig, als der Gegner das Feuer aus mehr als 125 Geschützen eröffnete, die sich auf unsere zentrale und linke Linke richteten. Dieser Beschuss dauerte rund zwei Stunden, und als unsere Kanonen aufgrund meines Befehls das Gegenfeuer einstellten, beendete auch der Gegner dieses Vorgehen. Gleich darauf wurde seine gesammelte Infanterie sichtbar, die sich zum Angriff auf unsere linke und mittlere linke Stellung aufstellte.
Der Angriff erfolgte mit großer Stärke, ziehlte hauptsächlich auf einen Punkt, der vom 2. Corps gehalten wurde, und wurde mit ebensolcher Stärke von den Truppen dieses Corps abgewehrt, unterstützt von Doubleday's Division und Stannard's Brigade aus dem 1. Cops. Hierbei wurden sowohl Generalmajor Hancock, Kommandeur des linken mittleren Abschnitts, und Brigadegeneral Gibbon, der für ihn das 2. Corps kommandierte, ernsthaft verwundet.
Dies beendete die Schlacht, der Gegner zog sich in seine Linien zurück und hinterließ das Feld übersähnt mit seinen Toten und Verwundeten sowie zahlreichen Gefangenen in unseren Händen.
Buford's Kavallerie-Division wurde nach ihrem heldenhaften Einsatz vom 1. Juli bei Gettysburg am Folgetag nach Westmister geschickt, um sich neu auszurüsten und unsere Wagenzüge zu bewachen.Kilpatrick's Division, welche am 29., 30. Juni und 1. Juli die gegnerische Kavallerie erfolgreich gestellt hatte, wurde am 3. Juli auf unsere äußerste linke Position auf der Emmitsburg-Straße geschickt, wo sie erfolgreich die gegnerischen Linien angriffen und ihre Aufmerksamkeit banden.
Gleichzeitig stand General Gregg auf unserer äußersten rechten Position im Kampf mit dem Feind, nachdem er die Baltimore-Landstraße und Bonaugh-Straße passiert und in den Rückraum des Feindes gelang war.