24.-25.11.1863 - Die Schlacht über den Wolken

 

Ein letztes Großereignis hielt das Kriegsjahr 1863 noch bereit, bevor alle Armeen im Winterlager versuchten, die Kälte und Untätigkeit zu ertragen bis das Frühjahr neue Unternehmungen möglich machte. Wir befinden uns noch immer im äußersten Süden von Tennessee, an der Grenze zu Georgia.

Zur Erinnerung:

Im September hatte der streitbare konföderierte General Braxton Bragg die US-Armee unter Rosecrans geschlagen, welche sich dann in Chattanooga verschanzte. Bragg belagerte die Stadt, um die Yankees auszuhungern. Aber der zu Hilfe eilende Ulysses S. Grant schaft es, eine Versorgungslinie in die Stadt zu legen, und plant die Befreinung der Eingeschlossenen. Bragg überstand einen Umsturzversuch aus den eigenen Reihen, setzte aber die beteiligten Generäle ab oder schickte sie auf weit entfernte Posten, und schwächte damit die Kampfmoral seiner Armee beträchtlich. Grant dagegen hatte so viele Kräfte wie nie: Er führte den Gesamtbefehl über die Tennessee-Armee unter William T. Sherman, die Ohio-Armee unter John Schofield, und die noch eingeschlossene Cumberland-Armee unter George Thomas.

 

Bragg's Belagerungsring um Chattanooga begann auf einer markanten Felsnase, dem "Lookout Mountain", der sich westlich von Chattanooga fast senkrecht über den Tennessee River erhob. Von dort standen die Konföderierten in einer langen Reihe auf den Anhöhen südlich und östlich der Stadt. Grant's einziger Zugang zur Stadt war von Westen. Also musste er zunächst diese wie eine Festung wirkende Felsenstellung einnehmen. Er beauftragte hiermit einen Mann, der uns schon einmal in Virginia begegnet war: Major General Joseph Hooker.

 

MajGen Ulysses S. Grant, USA, Kommandeur aller Einheiten im Mississippi-Gebiet / MajGen Joseph Hooker, USA, Kommandeur einer Zusammenstellung aus vier Brigaden

Hooker bewies am Lookout Mountain, dass er durchaus ein guter Kommandeur war, solange er unter einem Vorgesetzten diente. Er umging die Felsnase, überwältigte die relativ schwache Rückdeckung des Berges und kämpfte sich den Weg von hinten her nach oben, bis seine Leute am Abgrund der steilen Felswand standen, hoch über dem Flusstal.  Die Verluste waren moderat, etwas über 1.000 Konföderierte gingen in Gefangenschaft, der Rest zog sich zurück.

Der Morgennebel hatte sich noch nicht ganz verzogen, da war die Schlacht am Lookout Mountain bereits vorüber. Der Berg, dessen Anhöhe über dem Nebel lag, gab ihr den Beinamen "Schlacht über den Wolken".

 

Der Lookout Mountain ist die höchste Erhebung der Berge um die Stadt Chattanooga, TN / Zeitgenössisches Foto von US-Soldaten auf dem Gipfel des Lookout Mountain

 

Am nächsten Tag, dem 25. November, konnte Grant mit der Hauptmacht seiner Armeen an allen anderen Stellen gegen Bragg's Belagerer vorgehen. Dieses Unternehmen war nicht weniger schwierig, da die Yankees den Berg hinauf kämpfen mussten. Bragg ahnte dies und zog seine Armee hastig auf der vorteilhaftesten Anhöhe, dem "Missionary Ridge" zusammen. Sherman's Männer sollten auf der einen Flanke Ablenkungsangriffe unternehmen, während andere Einheiten an der anderen Seite stürmen sollten. Doch Sherman erkannte, dass ein direkter Sturm den Hügel hinauf besser war als dem Feuer der Konföderierten ausgesetzt zu sein, und befahl Philip Sheridan, vorzurücken.

BrigGen Philip Sheridan, USA,

Grant bemerkte, dass sein Plan unterlaufen wurde und wollte eine Erklärung, wer den Befehl dazu gegeben hätte. Ein Stabsoffizier antwortete:

Ich weiß es nicht. Aber, Sir, wenn diese Kerle loslegen, kann sie selbst die Hölle nicht aufhalten.

Bragg's Verteidigung geriet in Panik, seine Männer flüchteten nach hinten die Hügel hinunter und noch viel weiter. Sie sammelten sich erst wieder jenseits der Grenze in Georgia. Grant gelang es also, mit Hilfe seiner ausgezeichneten Unterführer Sherman, Sheridan, Thomas, Hooker und Schofield, die Belagerung von Chattanooga zu sprengen, die konföderierte Armee zu schlagen und zu vertreiben, die Cumberland-Armee zu befreien, und den Tennessee River und die wichtige Eisenbahnlinie nach Mississippi endgültig für die Union zu sichern.

 

Dieser überwältigende Sieg der Union im Westen war nicht nur für Grant das Sprungbrett zum späteren Oberkommando. Es war auch die erhoffte gute Nachricht für Lincoln, denn schon wenige Tage später wurde in Washington der Kongress neu gewählt. Und die Stimmen von Lincoln's politischen Gegnern verstummten nun wieder etwas.

 

Es folgte nun der dritte Kriegswinter. Die zur Untätigkeit verurteilten Armeen waren so groß wie nie zuvor, und mussten dennoch permanent mit Nahrung und Material versorgt werden. Die Gebiete in Virginia und Tennessee, in denen sie lagen, waren jedoch von den vorangegangenen Feldzügen ausgezehrt, sodass lange und aufwändige Versorgungswege den gewaltigen Warenstrom heranbringen mussten, von Süden genauso wie den langen Weg von Norden her. Und in den beiden Hauptstädten Richmond und Washington berieten die Strategen, wie der Krieg weiterzuführen und zu gewinnen war, sobald man wieder marschieren konnte.