22.07.1864 - Schlacht von Atlanta, GA

 

Wenn man unbeliebt ist, kann man so gut sein wie man will, man wird das Ziel nie erreichen.

Wie passt dieser Satz auf den Amerikanischen Bürgerkrieg? Er passt, und zwar auf den konföderierten General Joseph E. Johnston.

 

Johnston hatte viele Freunde, nämlich unter seinen Soldaten, um die er sich stets aufopferungsvoll kümmerte. Seine Männer mussten keinen Hunger leiden, hatten im Winter stets genügend Kleidung, und in keiner konföderierten Armee waren die sanitären Standards vergleichsweise so hoch wie in der Tennessee-Armee. Aber Johnston hatte nicht nur Freunde. Es gab jemanden, der ihn nicht wirklich mochte. Das war ausgerechnet der konföderierte Präsident Jefferson Davis.

Als Davis im Winter 1861/62 sechs Brigadegeneräle zu Generälen machte und ihnen die Führung von Armeen übertrug, war Johnston darunter, weil er der höchste ehemalige US-Offizier war, der zur Konföderation übergetreten war. Davis konnte ihn deshalb nicht übergehen. Johnston war es, der mit seiner Shenandoah-Armee rechtzeitig am Bull Run erschien und (mit Stonewall Jackson's legendärem Einsatz) die Schlacht für den Süden gewann. Aber Johnston war es auch, der durch beständige Rückzugsmanöver McClellan bis vor die Tore von Richmond herankommen ließ. Als er dabei verwundet wurde, nutzte Davis die Möglichkeit und tauschte ihn gegen Robert E. Lee aus.

 

Präsident Jefferson Davis, CSA / General Joseph E. Johnston, CSA

Johnston brauchte ein halbes Jahr, um wieder diensttauglich zu werden. Er wurde in den Westen geschickt und sollte mit seinen Leuten der von Grant belagerten Stadt Vicksburg zu Hilfe kommen. Rund 30 km vor diesem Ziel, in der Stadt Jackson, MS, wurde er jedoch von Grant's stärkerer Armee gestellt. Johnston war wie immer um das Wohl seiner Männer besorgt und zog es vor, den Rückzug anzutreten. Er war kein Dilletant, denn selbst dieser Rückzug war ein taktisches Glanzstück. Grant glaubte bis zuletzt, dass die Stadt Jackson schwer besetzt ist, und als er frontal angriff, musste er feststellen, dass soeben der letzte Zug mit konföderierten Soldaten davongefahren war.

Hiernach schickte Davis Johnston in den tiefen Süden, nach South Carolina und Alabama, wo es für ihn quasi nichts zu tun gab. Johnston nahm sich deshalb eine Auszeit und kurierte sich aus. Erst als Braxton Bragg in Tennessee die Kämpfe um Chattanooga verlor und Davis seinen Freund nicht mehr länger im Kommando der Tennessee-Armee halten konnte, musste er Johnston widerwillig zurückrufen und übertrug ihm das Kommando dieser wichtigsten Armee im Westen.

 

Seit Anfang Mai nun versuchte Johnston in Georgia, den Vormarsch von US-General Sherman mit dessen drei Armeen zu verhindern. Sherman war zahlenmäßig deutlich überlegen, und so tat Johnston was er am Besten konnte: er verzögerte den Vormarsch so gut es ging, musste sich aber immer weiter auf das Ziel des Gegners zurückziehen: die mondäne und als Industrie-Standort und Eisenbahnknoten bedeutende Stadt Atlanta. Nach der Schlacht von Kennesaw Mountain (siehe Artikel dazu), die Johnston zwar gewann, wurde er von Sherman's Armeen ausgeflankt und musste sich in der Stadt selbst verschanzen.

Am 17. Juni hatte Jefferson Davis genug. Gerade als sich Johnston auf die kommende Schlacht am Peachtree Creek vorbereitete, wurde er vom Kommando abberufen und durch seinen Corps-Kommandeur LtGen John Bell Hood ersetzt. Hood war ein äußerst wagemutiger Kämpfer, der auch persönlich kein Risiko scheute. Bei Gettysburg wurde sein linker Arm verwundet und unbrauchbar, bei Chickamauga verlor er das rechte Bein und musste im Sattel festgebunden werden. Trotzdem brannte er stets darauf, den Gegner direkt anzugreifen - ganz im Gegensatz zu Johnston.

Doch der heißblütige Hood unterschätzte die Möglichkeiten seiner Armee. Zudem machte er taktische Fehler. So wurde die Schlacht am Peachtree Creek zum Fehlschlag für die Konföderierten. Hood zog sich nach großen Verlusten wieder nach Atlanta zurück. Sherman rückte nach, zog seine Einheiten halbkreisförmig um Atlanta herum zusammen und begann, die Stadt zu belagern.

 

LtGen John Bell Hood, CSA, temporär als General, Army of Tennessee / MajGen William T. Sherman, USA, Oberkommandierender im Westen

Am 22. Juli versuchte Hood, Sherman zu überrumpeln und die Belagerung zu brechen. Er schickte die Kavallerie unter Wheeler gegen Sherman's Versorgungslinien aus, und Hardee's Corps sollte die linke Unions-Flanke umrunden und von hinten angreifen. Doch Unions-General McPherson erkannte das Vorhaben, verstärkte die Linie entsprechend und es kam zum Kampf. McPherson's Männer konnten ihre Stellung halten, während andere Teile von Sherman's Armee begannen, mit Artillerie direkt auf die Stadt zu schießen. So musste Hood die Schlacht abbrechen und rief Hardee in die Stadt zurück.

 

Atlanta war damit noch nicht gefallen, aber der beständige Beschuss aus Unions-Kanonen setzte der Stadt zu. Sherman versuchte mehrmals, die Versorgungslinien zur Stadt zu unterbrechen, aber konföderite Kavallerie war stets überlegen. Erst am 31. August gelang es Sherman, den deutlich südlich von Atlanta gelegenen Eisenbahnknoten Jonesborough einzunehmen und damit Hood's Stellung in Atlanta unhaltbar zu machen.

Hood ließ Versorgungsdepots und Munitionsvorräte vernichten und zog am 1. September mit seiner Armee aus Atlanta ab. Am 2. September ritt der Bürgermeister hinaus und übergab die Stadt dem erst-besten US-Offizier, auf den er traf. Sherman befand sich noch in Jonesborough, und als er davon erfuhr, telegrafierte er nach Washington: "Atlanta gehört uns, und aufrichtig errungen." Am 7. September zog er in die Stadt ein und blieb dort bis zum November.

Der Fall von Atlanta und damit der Erfolg des gesamten Atlanta-Feldzuges wurde in den Zeitungen des Nordens ausgiebig gefeiert. Und es war ein wichtiger Baustein dafür, dass Lincoln noch im gleichen Herbst erneut zum US-Präsidenten gewählt wurde, nachdem zuvor die allgemeine Stimmung gegen ihn und gegen die Fortsetzung des Krieges war.

 

Bei aller Freude über den Erfolg musste Sherman auch einen bitteren Verlust hinnehmen: Der Kommandeur der Army of the Tennessee, sein direkter Nachfolger auf diesem Posten, wurde in der Schlacht von Atlanta von konföderierten Vorposten entdeckt und erschossen, als er fliehen wollte.

MajGen James McPherson, USA, Army of the Tennessee, bei Atlanta gefallen

McPherson war ein überaus beliebter und auf beiden Seiten geachteter Offizier. Selbst sein direkter Gegner John Bell Hood zollte ihm Hochachtung, indem er in seinen offiziellen Bericht schrieb:

Ich nehme den Tod meines Klassenkameraden und Jugendfreundes General James B. McPherson zur Kenntnis, dessen Nachricht mir tiefes Bedauern brachte. Seit wir 1853 unseren Abschluss machten und seitdem in verschiedenen Richtungen Dienst taten, hatten wir nicht mehr das Glück, uns zu sehen. Weder die Jahre noch die unterschiedlichen Ansichten, die uns auf die entgegengesetzten Seiten des Krieges gebracht haben, konnten meine Freundschaft trüben. Im Gegenteil, meine Zuneigung aus früheren Tagen wurde gestärkt durch sein nach­sichtiges Verhalten gegenüber unseren Leuten bei Vicksburg. Sein überlegter und freundlicher Umgang stand in krassem Gegensatz zum Vorgehen manch anderer Unions-Offiziere.