02.04.1865: Richmond fällt

 

Nach dem Fehlversuch von Fort Stedman (siehe Bericht zum 25.03.) bereitete Lee nun schließlich die Evakuierung seiner Armee vor. Er musste den letzten offenen Korridor nutzen - nach Südwesten - um an dringend benötigten Nahrungsmittel-Nachschub gelangen konnte. Die konföderierte Regierung versprach ihm, die gewünschten Dinge in Eisenbahnwagen auf Bahnhöfen dieser letzten offenen Linie zu hinterlegen. Hiernach wollte Lee versuchen, zusammen mit Johnston erst Sherman in North Carolina und dann Grant bei Richond zu schlagen.

 

Am 27.03. erfuhr Lee, dass die US-Kavallerie den James River überquert hatte und nun die westliche Flanke der langgezogen Grabenstellung bedrohte. Er entsandte eine Division dorthin, geführt von dem Mann, der ihm seit dem fürchterlich fehlgeschlagenen Angriff bei Gettysburg gram war: MajGen George Pickett.

Im ersten Gefecht am 31.03. bei Dinwiddie Court House konnten die Konföderierten die Unions-Reiter noch abwehren und die Bahnlinie sichern. Aber dann zog sich Pickett zurück. Lee sandte ihm folgenden, für Lee's Verhältnisse besonders scharf formulierten, Befehl:

Halten Sie Five Forks unter allen Umständen. Schützen Sie die Straße zur Bahnstation und halten Sie die Unionskräfte davon ab, die Southside-Bahnlinie anzugreifen. Ich bedauere außerordentlich den Rückzug Ihrer Einheiten sowie Ihr Unvermögen, den erzielten Vorteil auszunutzen.

  

General Robert E. Lee, CSA, Oberkommandierender / MajGen George E. Pickett, CSA, Pickett's Division / MajGen Philip Sheridan, USA, Kavallerie in Virginia

Pickett ließ seine Männer in langer Reihe in Verteidigungsstellung gehen. Sheridan, der zwischenzeitlich nicht nur seine Kavallerie sondern auch das V. Corps führte, griff diese Linie mit den Infanteristen frontal an. Während sich die Konföderierten auf das V. US-Corps konzentrierten, erschienen Sheridan's Reiter plötzlich von hinten. Pickett's Männern blieb nur noch die Flucht, während Pickett selbst mit einigen seiner Kommandeure auf einer Farm einige Kilometer entfernt beim Essen saß.

Dieser Zusammenbruch von Lee's westlicher Flanke wird oft auch als "Waterloo der Konföderation" bezeichnet. Lee war nun gezwungen, sofort aus den Stellungen von Petersburg zu verschwinden. Und so begann die Nord-Virginia-Armee, noch in dieser Nacht nach Südwesten abzuziehen. Lee's Ziel war zunächst Sutherland Station an der Southside-Bahninie.

 

Am nächsten Tag bereits - es war der 2. April - eröffnete Grant den Großangriff auf Petersburg. Die kaum noch besetzten konföderierten Gräben im Süden der Stadt wurden ohne große Gegenwehr überwunden. Dort war die James-Armee unter US-MajGen Ord stationiert, und Ord überließ es den farbigen Einheiten, als Erste in die so lange belagerte Stadt vorzudringen. Die zehn Monate andauernde Belagerung war damit endlich gebrochen. Einer von Lee's besten Unterführern, Corps-Kommandeur LtGen Ambrose P. Hill, starb dort, von einem einfachen US-Soldaten aus dem Sattel geschossen.

 

LtGen Ulysses S. Grant, USA, Oberkommandierender / LtGen Ambrose P. Hill, CSA, 3. Corps, gefallen bei Petersburg

Lee sandte Nachricht an Präsident Davis in Richmond, als dieser sich gerade zum Gottesdienst in der St. Pauls-Kirche befand:

Meine Linien sind an drei Seiten eingebrochen. Richmund muss in der Nacht evakuiert werden. Es ist absolut erforderlich, dass wir unsere Position noch diese Nacht aufgeben, oder Gefahr laufen, am Morgen abgeschnitten zu sein. Ich haben meinen Truppen hierzu alle notwendigen Befehle erteilt, und ich hoffe, dass die Operation erfolgreich abläuft, auch wenn sie schwierig ist, Ich habe General Stevens angewiesen, einen Offizier zu Eurer Exzellenz zu entsenden, um Ihnen die Routen darzulegen, auf denen sich die Truppen nach Amelia Court House bewegen werden, und Ihnen einen Führer sowie jede Unterstützung zukommen zu lassen, sie Sie für sich selbst benötigen.

Präsident Jefferson Davis, CSA

Davis las dies, wurde blass, stand auf und eilte wortlos in sein Amtsgebäude. Dort veranlasste er, dass die gesamte Regierung mit allen beweglichen Akten in Güterwagen verladen wurde und noch am Abend die Stadt auf der letzten Bahnlinie nach Danville verließ. Jeder Minister erhielt einen Wagen, beschriftet mit Zetteln wie "Kriegsministerium" oder "Finanzministerium".

Zivilisten durften den Regierungszug nicht benutzen, und weitere Eisenbahnen gab es in Richmond nicht mehr. Doch es sprach sich rasch herum, dass Petersburg gefallen war, und so verließen viele Bürger die Stadt fluchtartig zu Fuß oder mit Kutschen.

Bevor die konföderierten Soldaten in Richmond unter LtGen Richard Ewell zu Lee's abrückender Armee aufschließen sollten, hatten sie Befehl, dafür zu sorgen, dass der Union keine militärisch brauchbaren Einrichtungen in die Hände fielen. Deshalb legten sie einige Feuer. Leider wurden hierdurch auch viele Dokumente vernichtet, die die geflohene Davis-Regierung nicht mitgenommen hatte und deren Fehlen eine spätere Aufarbeitung der genauen Geschehnisse auf konföderierter Seite stark erschweren sollte. Aber das Feuer griff auch auf das zentrale Pulverlager der Stadt über, welches in einer gewaltigen Explosion in die Luft flog. Im anschließenden Feuersturm wurde nahezu die gesamte Innenstadt von Richmond zerstört.

Gemälde der Explosionen und Feuer in der Innenstadt von Richmond, Bewohner und Soldaten fliehen über den James River nach Süden aus der Stadt

Richmond ging somit am 3. April kampflos an die Union.

 

Als Präsident Lincoln dies hörte, ließ er sich sofort mit einem schnellen Schiff von Washington aus nach Richmond bringen und besichtigte die Stadt. Viele nun freie Schwarze feierten ihn, als er langsam und nachdenklich durch die Straßen ging, schließlich das Amtsgebäude von Jefferson Davis betrat und sich hinter dessen Schreibtisch setzte. Es sollte Lincoln's einziger Besuch in Richmond sein, um die er seine gesamte Antszeit lang gerungen hatte. Denn zehn Tage später war er tot.

 

Westlich von Richmond entstand nun ein regelrechter Wettlauf. Lee versuchte, die bereitgestellten Versorgungszüge zu erreichen, und Grant versuchte seinerseits, Lee davon abzuhalten und zu stoppen. Dies ist jedoch Stoff für den nächsten Beitrag.

Fortsetzung folgt...